§ 30 II StGB- Noch kein Täter, aber dennoch Bestrafung!

§ 30 II StGB- Noch kein Täter, aber dennoch Bestrafung!

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich nun damit, wie konkret der Plan für § 30 II StGB gefasst werden muss (BGH, Urteil vom 29.11.2023- 6 StR 179/23).

 

Zum Fall

Der Täter 1 suchte eine Person, die sich bereit erklärte, gegen Zahlung von 10.000 Euro seinen Nachbarn wegen eines Nachbarschaftsstreits so schwer zu verletzen, dass er als Pflegefall sein Haus nicht mehr weiterhin bewohnen können würde. Um wirklich garantieren zu können, dass der Nachbar umziehen muss, bevorzugte er eine Brandstiftung und nahm auch die Tötung des Mannes billigend in Kauf.

Er bat seinen Bekannten (Täter 2), die dafür nötigen Kontakte für ihn herzustellen, da er selbst keine Anlaufstelle für einen Täter hatte. Er selbst wollte trotzdem noch versuchen, einen möglichen Täter zu finden. In Umsetzung dieser Abrede hat der Bekannte drei Personen vermittelt, fand jedoch auch heraus, dass die Polizei Kenntnis von der Tatplanung hat. Aufgrund dessen stellte Täter 1 seine Planungen ein und teilte dies seinem Bekannten mit.

Das zuständige Landgericht sprach beide Angeklagten frei. Sowohl die Anstiftung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 1 StGB), als auch die Verabredung zur Anstiftung zu einem Verbrechen (§ 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 2 StGB) seien nicht verwirklicht. Es hätte an der hinreichenden Konkretisierung der vorgesehenen Anstiftung gefehlt, da sich nicht auf einen Täter geeinigt wurde.

Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.

 

Hintergrund zu § 30 Abs. 2 StGB

Normalerweise sind Planung und Vorbereitung einer Straftat strafbar. Wenn allerdings mehrere Personen beteiligt sind, ist dies anders. Dies liegt daran, dass durch die Gruppendynamik eine gesteigerte Gefährlichkeit entsteht.

Nach § 30 Abs. 2 StGB sind das Sich-bereit-Erklären, das Annehmen eines Erbietens und die Verbrechensverabredung strafbar, auch vor Versuchsbeginn der Tat. Die Verbrechensverabredung ist der häufigste Fall. Seine Voraussetzungen sind, dass

– mindestens zwei Personen

– gemeinsam fest entschlossen sind,

– ein bestimmtes Verbrechen als Mittäter zu begehen oder gemeinsam dazu anzustiften.

 

Die Entscheidung des BGH

Der BGH sah die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 Var. 3 Alt. 2 StGB als erfüllt an.

Eine in Aussicht genommene Tat muss in den wesentlichen Grundzügen, aber nicht hinsichtlich aller Details festgelegt sein, um eine Strafbarkeit von § 30 Abs. 2 StGB zu ermöglichen. Zeit, Ort oder andere Modalitäten der Ausführung können also zum Absprachezeitpunkt noch unklar sein, solange grob etwas vereinbart wird.

Die angestrebte Tat wurde konkret genug und ernstlich verabredet. Die Begehungsweise, das Opfer, das Motiv und ein angestrebter Tatzeitraum standen bereits fest.

Einer Bestrafung stand es dem Senat zufolge nicht entgegen, dass die Person des späteren ausführenden Täters noch nicht gefunden wurde, denn die beiden waren fest entschlossen, eine Person zur Tat anzustiften. Ob sich eine solche Person finden lässt, kommt dabei keine Bedeutung mehr zu.

Auch ist der Tatbeitrag des Bekannten groß genug, um von einer mittäterschaftlichen Anstiftung sprechen zu können. Er wollte für Täter 1 eine geeignete Person finden, die die Tat verüben würde. Dieser hatte selbst keine solchen Beziehungen.

Ob eventuell Täter 1 ohne Täter 2 auf die möglichen Ausführer zugehen würde, spielt keine Rolle.

 

Fazit

Diese Entscheidung betont erneut die Anforderungen an § 30 II StGB, die nicht zu hochgestellt werden dürfen: Weder muss die Person, die angestiftet werden soll, feststehen, noch dürfen die Anforderungen an die gemeinschaftliche Begehungsweise zu hoch sein. Damit geht auch eine gewisse Unsicherheit bezüglich der geplanten Anstiftungshandlung einher, die allerdings hinzunehmen ist.

Dem BGH ist dabei zuzustimmen. Im strafrechtlichen Bereich kann die fehlende aktive Tatbeteiligung durch eine gesteigerte Planung ausgeglichen werden. Ohne die Tatbeiträge des Täter 2 wäre es, wohl aufgrund der fehlenden Beziehungen des Täter 1, nicht zu einer Tat oder der weiteren Planung einer Anstiftung gekommen. Damit ist er als Mitttäter anzusehen. Durch die konkrete Planung bezüglich des Opfers und der Begehungsweise kann die fehlende Bestimmung des ausführenden Täters überwunden werden, da die Tat und die Anstiftung dazu schon ganz konkret ins Auge der Täter 1 und 2 gefasst wurden.

Wolfgang Luippold                                                                                  

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