Wann wird gerichtlich ein Notgeschäftsführer für ein Unternehmen bestellt?
Neben der Gesellschafterversammlung ist der Geschäftsführer einer GmbH das Organ, welches ihre Handlungsfähigkeit sicherstellt. Doch was passiert, wenn der einzige Geschäftsführer rechtlich oder tatsächlich nicht mehr in der Lage ist der Tätigkeit nachzugehen?
Was genau ist ein Notgeschäftsführer und wann kann er bestellt werden?
Probleme im Familienunternehmen:
Im konkreten Fall ging es um eine Komplementär-GmbH an der zwei Familienstämme beteiligt waren. Der Geschäftsführer war ein Vertreter eines Familienstammes. Als der andere Familienstamm nicht mehr mit der Arbeit des Geschäftsführers zufrieden war, wurde eine einstweilige Verfügung erwirkt, die dem Geschäftsführer seine Tätigkeit untersagte. Zudem wurde ein Notgeschäftsführer bei dem zuständigen Registergericht beantragt. Die einstweilige Verfügung wurde damit begründet, dass Geschäftsführer den anderen Stamm der Familie benachteiligt habe. Er habe Streichungen an der Gesellschafterliste vorgenommen, um den anderen Teil der Familie aus der Gesellschaft zu drängen und zu benachteiligen. Der ehemalige Geschäftsführer reagierte auf die Untersagung seiner Geschäftsführertätigkeit mit einer Beschwerde (OLG Düsseldorf 10.02.2021 – 3 Wx 5/21).
Unter welchen Voraussetzungen kann ein Notgeschäftsführer bestellt werden?
- Die GmbH darf nicht keinen Geschäftsführer haben. Das Fehlen des Geschäftsführers kann zum Beispiel auf einem Todesfall oder eine Abberufung beruhen.
- Die Bestellung des Notgeschäftsführers muss dringend erforderlich sein. Wenn dem Unternehmen ein erheblicher Schaden oder Nachteil aufgrund des fehlenden Geschäftsführers droht oder wenn die dazu berufenen Gesellschaftsorgane selbst nicht in der Lage sind in einem angemessenen Zeitraum einen Geschäftsführer zu bestimmen.
Wie wird ein Notgeschäftsführer bestellt?
- Ein Notgeschäftsführer wird aufgrund eines Antrages bei dem zuständigen Registergericht bestellt. Gesellschafter und alle anderen Personen, gegenüber denen die Gesellschaft Verpflichtungen hat, sind zur Antragstellung befugt. Außerdem kann das Gericht auch von sich aus tätig werden.
- Eine Anhörung der Gesellschafter ist vor der Bestellung notwendig.
- Die Auswahl des Geschäftsführers steht im Ermessen des Gerichts.
- Die für das Amt des Geschäftsführers ausgewählte Person muss die Bestellung annehmen.
Im konkreten Fall hat das zuständige Gericht entschieden, dass die Bestellung eines Notgeschäftsführers dringend notwendig ist. Die Streitigkeiten zwischen den beiden Familienstämmen seien umfassende rechtliche und wirtschaftliche Auseinandersetzungen und keine bloße Gesellschafterstreitigkeit über die Person des Geschäftsführers. Die Problematik sei mit einer Auseinandersetzung zwischen den Geschäftsführern einer Zwei-Personen GmbH vergleichbar. Da in diesen Konstellationen die Bestellung eines Notgeschäftsführers zulässig sei, müsse dies auch für den vorliegenden Sachverhalt gelten. Zudem ergebe sich die Notwendigkeit der Bestellung aus dem Umstand, dass die Gesellschaft gegenüber staatlichen Stellen auftreten und handelsrechtliche Pflichten zu erfüllen habe (OLG Düsseldorf 10.02.2021 – 3 Wx 5/21).
Dr. Bettina Schacht
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Zert. Testamentsvollstreckerin
Mediatorin