Schadensersatz aufgrund eines weggewehten Gewächshauses bei einem Sturm
LG Ansbach, Grundurteil vom 13.12.2023, Az. 2 O 757/23
Am 31.12.2023 wurde das Gewächshaus einer Nachbarin- der Beklagten- bei einem Sturm über das Grundstück des Klägers, über dessen Zaun bis hin zu einer Einmündung auf der Straße geweht. Dabei wurde am PKW des Klägers ein Sachschaden in Höhe von 4.858,32€ verursacht.
Der Kläger trug vor, dass die Beklagte das Gewächshaus nicht ordnungsgemäß am Untergrund gesichert hatte: Vielmehr stand es nur durch sein Eigenwicht auf dem geschotterten Boden. Daher forderte er, die Beklagte zu einer Zahlung von 5.090,71€ einschließlich der Kosten für den Kostenvoranschlag i. H. v. 206,39€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen EU Basiszinssatz seit 01.04.2023 und auch zur Kostenübernahme außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 313,57€ zu verurteilen.
Die Beklagte hingegen argumentierte, dass sie das Gewächshaus hinreichend befestigt hatte, insbesondere durch Betonplatten mit Gewichten von bis zu 40 kg und es am Ereignistag zu einem Sturm der Stärke 10 Beaufort mit erheblichen Sturmböen von bis über 100 km/h kam, was den Schaden letzten Endes verursachte.
Das Gericht hielt die Klage für begründet und war der Auffassung, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch für die Schäden an seinem PKW nach §§ 823 Abs. 1; 836 BGB zusteht. Durch den Prima-facie-Beweis (Anscheinsbeweis) kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Fahrzeug tatsächlich durch einen Holzpfosten des Gewächshauses beschädigt worden war. Dies ergab sich aus den sichtbaren Schäden am PKW. Dass der Schaden auf dem Dach des Fahrzeugs erst etwa 10 Minuten später entdeckt wurde, ist unerheblich, da üblicherweise erst Türen, Fenster etc. kontrolliert werden. Auch konnten Schäden am Grundstück und am Zaun festgestellt werden. Die Beklagte konnte sich nicht nach § 836 Abs. 1 Satz 2 BGB entlasten, da ihr der Nachweise, alle gebotenen und geeigneten Maßnahmen getroffen zu haben, um ein Ablösen von Teilen zu erkennen bzw. zu verhindern, nicht gelang. Der Sturm mit der Stärke von 10 Beaufort ist trotz seiner Seltenheit ein gewöhnlicher Witterungseinfluss und daher kein Fall höherer Gewalt. Dass sich das Gebäude hier vollständig loslöste, beweist, dass es fehlerhaft errichtet oder mangelhaft unterhalten wurde (BGH NJW 1993, 1782). Nur bei außergewöhnlichen Naturereignissen ist dies anders zu bewerten, wobei ein solches konkret nicht vorlag (BGHZ 58, 149 (153f.)). Orkanböen (Stärke 10 Beaufort) sind nicht ausreichend, um ein solches Ereignis anzunehmen, weshalb keine Entlastung dadurch gelang, dass der Sturm das Ablösen und damit den Schaden verursachte und somit der Anscheinsbeweis nicht widerlegt werden konnte (BGH, VersR 1976, 66).
Die genaue Schadenshöhe am Fahrzeug ist noch genauer zu ermitteln und die Kostenentscheidung wird daher erst im Rahmen der Schlussentscheidung getroffen werden.
Die Entscheidung zeigt erneut, dass Anlagen ordnungsgemäß gesichert werden müssen und dass dabei auch seltenere Naturereignisse in die Planung mit einbezogen werden müssen. Stärkere Sturmböen sind kein Fall höherer Gewalt. Vielmehr beweist das Loslösen von Gebäudeteilen oder konkret des ganzen Gebäudes, dass es nicht gelungen ist, das Gebäude ordnungsgemäß zu errichten bzw. in standzuhalten.
Stefan Schröter
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter der Hochschule Ansbach
Privatdozent (Bankrecht)