Arbeitsrecht: Impfungen im Betrieb – Sind Impfschäden Arbeitsunfälle?

Impfungen im Betrieb – Sind Impfschäden Arbeitsunfälle?


Handelt es sich um einen Arbeitsunfall, wenn eine Impfung, die im Betrieb erfolgt ist, Impfschäden auslöst? Dieser Frage musste sich das Bundessozialgericht (BSG) nun stellen (BSG, Urteil vom 27.06.2024- B 2 U 3/22 R).


Zum Fall:

Der Kläger unterzog sich als Caterer eines Krankenhauses im Jahr 2009 freiwillig einer Impfung gegen die Schweinegrippe. Dies erfolgte im Rahmen einer vom Krankenhaus organisierten Impfung. Jahre später litt er unter Fieberschüben, die er auf die Impfung zurückführte. Aus diesem Grund beantragte er Leistungen aus seiner gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Berufsgenossenschaft erkannte die Beschwerden nicht als Folgen eines Arbeitsunfalles an. Bei Impfungen handle es sich um Maßnahmen, die dem Erhalt der Gesundheit dienen sollen und damit um einen Bereich, der nicht versichert ist. Der Kläger hielt dem entgegen, dass mit Wahrnehmung des Impfangebots wechselseitige Pflichten aus dem Arbeitsvertrag erfüllt wurden.

Das Sozialgericht Koblenz und das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz teilten die Auffassung der Berufsgenossenschaft und lehnten das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ab. Schließlich habe keine Impfpflicht bestanden. Aus der subjektiven Vorstellung des Klägers, dass er mit der Impfung zumindest als Vorbild gegenüber den anderen Mitarbeitern betriebliche Interessen wahrnahm, könne kein Versicherungsschutz abgeleitet werden.


Die Entscheidung des BSG:

In der daraufhin eingelegten Revision hob das BSG dieses Urteil auf und wies den Fall dem Berufungsgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Eine planmäßig und freiwillig durchgeführte Impfung kann im Falle von gesundheitlichen Beeinträchtigungen ein Arbeitsunfall sein, wenn ein innerer Zusammenhang zwischen der Impfung und der beruflichen Tätigkeit vorliegt. Dies kann nicht pauschal bejaht werden, etwa weil der Arbeitgeber die Impfung bezahlt oder sie im Betrieb durchgeführt wird. Wenn die Impfung allerdings vorrangig aus betrieblichen Zwecken durchgeführt wird, kann dieser Zusammenhang gegeben sein.

Der Kläger war Caterer eines Krankenhauses. In solchen Einrichtungen ist der Gesundheitsschutz der Patienten und Mitarbeitern von oberster Priorität. Damit kann ein Zusammenhang zwischen der Impfung und der beruflichen Tätigkeit angenommen werden, wenn diese notwendig war oder der Arbeitnehmer von der Notwendigkeit aufgrund besonderer Umstände ausgehen durfte.

Auch wurde damals die Impfung von Arbeitnehmern mit Patientenkontakt empfohlen. Dies muss auch in die Gesamtbetrachtung mit einbezogen werden.

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz muss den vom BSG genannten Aspekte in der neuen Urteilsfindung besonders Rechnung tragen.


Fazit:

Dieses Urteil des BSG verdeutlicht, dass Impfschäden nicht pauschal als Arbeitsunfälle eingestuft werden können. Allerdings kann auch nicht das Gegenteil angenommen werden, nämlich, dass es sich dabei nicht um einen Arbeitsunfall handeln kann.

Es muss vielmehr der konkrete Einzelfall betrachtet werden. Ein innerer Zusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Impfung ist unerlässlich, um von einem Arbeitsunfall ausgehen zu können.

Gründe, die für die Annahme eines solchen Zusammenhangs sprechen, können insbesondere der besondere gesundheitliche Schutz der Arbeitnehmer und Patienten zum Beispiel in Krankenhäusern sein.

Ob diese Umstände tatsächlich vorlagen, muss vom Landessozialgericht in der neuen Verhandlung und Entscheidung festgestellt werden.

Stefan Schröter

Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter der Hochschule Ansbach
Privatdozent (Bankrecht)

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