Arbeitsrecht: Anfechtung des Aufhebungsvertrages

Arbeitsrecht: Anfechtung des Aufhebungsvertrages

Aufhebungsverträge sind in der Praxis eine gängige alternative zur Kündigung. Gerade dann, wenn Arbeitsverhältnisse fristlos beendet werden sollen. Fraglich ist deshalb, ob und ggf. wie der Arbeitnehmer sich von diesen wieder lösen kann.

Welche Anfechtungsmöglichkeiten bestehen?

Der Arbeitnehmer kann in folgenden Fällen den Aufhebungsvertrag anfechten:

  • Arglistige Täuschung
  • Widerrechtliche Drohung
  • Erklärungs- / Inhaltsirrtum

Die wirksame Anfechtung führt dazu, dass der Vertrag als von Anfang an unwirksam anzusehen ist und der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden muss.

Was setzt eine Anfechtung voraus?

Eine wirksame Anfechtung setzt voraus:

  • Erklärung der Anfechtung gegenüber Arbeitgeber (schriftlich oder mündlich)
  • Anfechtungsgrund (oben genannten Beispiele)
  • Einhaltung der Anfechtungsfrist
        o Bei Irrtümern: zwei Wochen
        o Bei Täuschung oder Drohung: ein Jahr.

Wann sind die Anfechtungsgründe erfüllt?

Bei der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung muss der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber bewusst getäuscht werden, indem z.B. falsche Tatsachen vorgespiegelt werden, und der Arbeitnehmer hierdurch zur Vertragsunterzeichnung verleitet wird. Ein Beispiel hierfür ist das wahrheitswidrige Behaupten, dass der Betrieb stillgelegt werden wird.

Die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung hat größte praktische Bedeutung. Dieser Anfechtungsgrund setzt voraus, dass der Arbeitgeber mit einem empfindlichen Übel droht, um den Arbeitnehmer zur Vertragsschließung zu bringen. Hierzu zählt das Androhen mit:

  • Strafanzeige
  • Körperlicher Gewalt
  • Außerordentlicher Kündigung

Dies setzt jedoch voraus, dass ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung nicht in Erwägung ziehen durfte. Hätte der Arbeitgeber allerdings eine Kündigung in Betracht gezogen, ist die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung ausgeschlossen. So ist in diesem Fall auch die Drohung mit einer Strafanzeige bei Diebstahlsverdacht rechtlich zulässig.

Wird bei dem Vertragsschluss ein Irrtum hervorgerufen, so kann eine Anfechtung wegen Inhalts- oder Erklärungsirrtum vorliegen. Wollte der Arbeitnehmer einen solchen Vertrag nicht schließen oder irrte er sich über den Inhalt, so kann er angefochten werden. Eine Anfechtung ist aber dann nicht möglich, wenn die rechtlichen Folgen des Aufhebungsvertrags verkannt werden oder Verständnisprobleme zwischen beiden Parteien vorliegen.

Bestehen weitere Aufhebungsmöglichkeiten neben der Anfechtung?

Ja, der Aufhebungsvertrag kann auch aufgrund einer Überrumpelung des Arbeitnehmers unwirksam sein. Dies setzt voraus:

  • Ausnutzung einer körperlichen oder geistigen Schwäche oder
  • Nutzung eines Überraschungsmoments

Eine Überrumpelung liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer keine Gedenkzeit gegeben wird.

Auch ein Verstoß gegen das Gebot des fairen Verhandelns kann zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages führen, wenn die Entscheidungsfreiheit der Vertragspartei in missbilligender Weise beeinflusst wird. Ein solcher Verstoß liegt insbesondere dann vor, wenn es dem Vertragspartner durch psychischen oder physischen Druck ganz oder teilweise unmöglich gemacht wird, frei zu entscheiden. Ein Verstoß liegt aber nicht vor, wenn der Vertragspartner ohne Bedenkzeit an Ort und Stelle über das Angebot entscheiden muss, so entschied das BAG in einem Urteil vom 24.02.2022 (Az. 6 AZR333/21).

Weitere Möglichkeiten zur Rückgängigmachung des Aufhebungsvertrages sind:

  • Widerruf (soweit sich dies aus Tarif- oder Aufhebungsvertrag ergibt)
  • Rücktritt (soweit sich dieser aus Tarif- oder Aufhebungsvertrag ergibt)

Gesetzliche Rücktritts- oder Widerrufsrechte bestehen beim Aufhebungsvertrag auch dann nicht, wenn der Vertrag bei dem Arbeitnehmer zu Hause oder außerhalb des Betriebs geschlossen wird.

Stefan Schröter

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
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