BGH: Wer die Rücknahme verweigert, kann sich schadensersatzpflichtig machen

BGH: Wer die Rücknahme verweigert, kann sich schadensersatzpflichtig machen

BGH, Urteil vom 29.11.2023, VIII ZR 164/21

 

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich nun mit der Frage, ob die Weigerung des Verkäufers, eine mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, als Nebenpflichtverletzung des Kaufvertrags zu einem Schadensersatzanspruch führen kann.


Zum Fall:

Die klagende Bauunternehmerin kaufte bei der verklagten Lieferantin 22.000 Tonnen Recycling Schotter, um einen Parkplatz errichten zu können. Später stellte sie fest, dass der Schotter mit Arsen belastet ist und die Benutzung des Schotters daher nicht geeignet ist. Sie forderte die Rückabwicklung des Vertrags und die Rücknahme des Materials. Die Verkäuferin verweigerte beides. Die Bauunternehmerin entsorgte daher das Material und musste sich neuen, mangelfreien Schotter beschaffen.

Im Anschluss kam es zu zwei Prozessen.

Im Ersten verklagte die Käuferin den Lieferanten zur Zurückzahlung des Kaufpreises und zur Übernahme der Mehrkosten, die ihm dadurch entstanden sind, dass sie woanders mangelfreien Schotter kaufen musste. Dies war erfolgreich.

In der Zwischenzeit holte die Verkäuferin den alten Schotter nicht ab, weshalb die Käuferin sie in einem zweiten Prozess auf Übernahme der Kosten für den Ausbau und Abtransport des Schotters verklagte. Diese Kosten lagen ungefähr bei 1,3 Millionen Euro.

In den ersten beiden Instanzen blieb dies mit der Begründung, dass keine Rücknahmepflicht bestehe, erfolglos, der BGH hat dem Bauunternehmer nun aber Recht gegeben.

Ob sich die Rücknahmepflicht generell aus § 346 BGB ergibt, kann dahinstehen. Denn im konkreten Sachverhalt ergibt sich ein Schadensersatzanspruch des Bauunternehmens bereits aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB (Schadensersatzanspruch aufgrund von einer Nebenpflichtverletzung).

Die Rücksichtnahmepflicht besteht auch im Rückgewährschuldverhältnis und bedeutet, dass sich die Parteien so verhalten müssen, dass weder die Interessen noch die Rechtsgüter des anderen verletzt werden.

Die anderen Rückabwicklungsmöglichkeiten, die nach §§ 346 BGB gesetzlich vorgeschrieben sind (der Aufwendungsersatz, Ansprüche aus dem Annahmeverzug, die Hinterlegung oder die Versteigerung der Sache) bieten der Käuferin konkret keinen hinreichenden Schutz. Die Verweigerung der Rücknahme in Kenntnis der starken Belastungen der Käuferin dadurch führte deshalb dazu, dass die Verkäuferin tatsächlich gegen ihre Rücksichtnahmepflicht verstieß.

Die finanziellen Belastungen durch die Rückabwicklung nach §§ 346ff. BGB werden generell dem Verkäufer zugewiesen.

Der BGH wies die Sache im Ergebnis dem OLG Zweibrücken zur erneuten Entscheidung zurück.

 

Fazit:

Dieser Fall zeigt, dass eine Nebenpflichtverletzung in der Weigerung der Rücknahme liegen und dies unabhängig von §§ 346ff. BGB einen Schadensersatzanspruch begründen kann.

Es handelt sich dabei um eine äußerst praxisrelevante Entscheidung, der vollumfänglich zuzustimmen ist. Die gegenseitige Rücksichtnahme bezieht sich nicht nur auf den Kaufvertrag selbst, sondern auch auf dessen Rückabwicklung nach Rücktritt. Es kamen hohe Kosten auf die Käuferin zu, die diese stark belasteten.

Ob nach § 346 BGB grundsätzlich eine Pflicht zur Rücknahme der Kaufsache besteht, muss noch vom BGH entschieden werden.

Wolfgang Luippold                                                                                  

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