Erbrecht: Keine Anfechtung bei sog. lenkender Erbausschlagung möglich

Erbrecht: Keine Anfechtung bei sog. lenkender Erbausschlagung möglich

Wenn Erben ihre Erbschaft ausschlagen, weil jemand anderes der Alleinerbe werden soll, nennt man das lenkende Erbausschlagung. Hat die Ausschlagung nicht gewünschten Erfolg, etwa wenn der gewollte Alleinerbe doch kein Alleinerbe wird, kann diese Erklärung nicht durch eine Anfechtung rückgängig gemacht werden. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH). Im vorliegenden Fall verstarb der Familienvater, ohne ein Testament errichtet zu haben. Die Söhne schlugen zugunsten der Witwe ihre Erbschaft aus. Den Söhnen war jedoch unbekannt, dass es neben ihnen noch weitere Abkömmlinge gab. Deshalb wurde die Witwe nicht Alleinerbin und die Söhne erklärten die Anfechtung ihrer Ausschlagung.

Der BGH wies die Klage der Söhne zurück, da eine Anfechtung einer lenkenden Erbausschlagung in diesem Fall nicht möglich ist. Grundsätzlich kann man die Ausschlagung anfechten. Hierfür muss jedoch ein in § 119 BGB genannter Irrtum vorliegen. Eine Anfechtung wäre beispielsweise dann möglich, wenn die Söhne sich über die Folgen einer Ausschlagung geirrt hätten. Allein der Umstand, dass die Mutter nicht Alleinerbin geworden ist, ist nach Ansicht des BGH ein reiner Motivirrtum und berechtigt daher nicht zur Anfechtung. Der BGH begründet dies mit dem Wortlaut des § 1953 Abs. 1 BGB, der nur vorschreibt, dass der Erbe mit Ausschlagung nicht mehr erbt. Der Wortlaut bezieht sich nicht auf die Person, die anstelle dessen erben würde. Deshalb ist der Irrtum der Söhne irrelevant und die Ausschlagung wirksam geworden.

(BGH 22.03.2023, Az.: IV ZB 12/22)

Stefanie Braun

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht
Theoretische Voraussetzungen zur Fachanwältin für Agrarrecht

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