Erbrecht: OLG Brandenburg – Erbausschlagung beim Ehegattentestament

OLG Brandenburg: Erbausschlagung beim Ehegattentestament

(Beschluss vom 14.02.2023, 3W 60/22)


Die Erblasserin des Falles hinterließ zwei Testamente:

Am 01.04.1977 setzte sie in einem Testament ihren Sohn als ihren Alleinerben fest. Am 27.08.2000 schloss sie mit ihrem Ehegatten ein gemeinschaftliches Ehegattentestament, in dem sie sich gegenseitig zu ihren Erben einsetzten und den Sohn als deren Schlusserben festlegten.

Am 12.01.2021 beantragte der Sohn beim Nachlassgericht die Erteilung des Erbscheins unter Vorlage des Testaments aus dem Jahr 1997.

Der Ehemann der Erblasserin reichte am 26.03.2021 das Testament aus 2000 ein und erklärte die Ausschlagung der testamentarischen Erbfolge und die Annahme des gesetzlichen Erbes. Am 28.09.2021 beantragte er mittels einer notariellen Urkunde die Erteilung des Erbscheins, der ihn als Alleinerbe ausweisen sollte. Seine Ausschlagung vom 26.03.2021 sei nach seiner Auffassung unwirksam gewesen. Sein Sohn richtete sich gegen diesen Antrag mit der Begründung, dass er als Schlusserbe zugleich der Ersatzerbe des ausschlagenden Vaters geworden sei. Nach Ansicht des AG war die Ausschlagung des Vaters unwirksam und der Vater sei Alleinerbe der Erblasserin geworden.

Allerdings hatte die Beschwerde des Sohnes nach §§ 58 ff. FamFG beim OLG Brandenburg Erfolg: Nach Ansicht des OLG Brandenburg war die Ausschlagung nicht unwirksam.

§ 1950 BGB findet keine Anwendung, wenn der Erbe aus unterschiedlichen Berufungsgründen zum Erben berufen ist und der Gegenstand der Ausschlagung die testamentarische Erbeinsetzung ist (KG, Beschluss vom 11.01.2005- 1 W 124/03). Sie erfolgt außerdem fristgerecht vor Bekanntgabe des Testaments (§ 348 FamFG) anlässlich der Ablieferung dieses durch den Vater, also vor der Bekanntgabe durch das Nachlassgericht (§ 1944 II 2 BGB).

Nachdem der Vater das testamentarische Erbe ausgeschlagen hatte, wurde der Sohn Ersatzerbe des Vaters. Eine Ausschlagung kann nach § 1948 I BGB zwar auch auf das testamentarische Erbe beschränkt werden, jedoch kommt es aufgrund der Regelung im Testament gar nicht zur gesetzlichen Erbfolge (OLG München, Beschluss vom 28.08.2006, 31 Wx 45/06- ZEV 2006, 554).

Die ergänzende Auslegung des Testaments zeigt, dass das Erbe auf jeden Fall an die Schlusserben fallen soll. Das bedeutet, dass durch die Einsetzung als Schlusserbe gleichzeitig die Einsetzung als Ersatzerbe – für den Fall, dass es zu einer Erbausschlagung kommt- erzielt werden soll. Dieser Wille wäre nicht garantiert, wenn sich der länger lebende Ehegatte durch Ausschlagung nach § 2271 II 1 BGB von der Bindungswirkung des gemeinschaftlichen Testaments befreien und zusammen mit den Kindern gesetzlicher Erbe werden könnte.

Dieser Beschluss zeigt, dass Ausschlagungen von Testamenten gut durchdacht werden müssen, da es im Zweifel- wie im vorliegenden Fall- sogar dazu führen kann, dass der Ausschlagende die Erbschaft vollständig verliert. Außerdem wird deutlich, dass die Einsetzung als Schlusserbe bedeutet, dass das Erbe auf jeden Fall an diese Person fallen soll und er bei Erbausschlagung Ersatzerbe wird.

Stefanie Braun

Rechtsanwältin
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