Unter welchen Bedingungen können Sanierungsberater von existenzbedrohten Unternehmen ihr Honorar behalten?
Wer von der Existenz bedroht ist, benötigt eine professionelle Krisenberatung, um zu prüfen, ob eine Sanierung möglich und realistisch umsetzbar ist. Doch können die Honorare des Beraters im Falle einer Insolvenz von dem Insolvenzverwalter angefochten und zurückgefordert werden? Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sich mit dieser Frage befasst und ein klares Urteil gefällt!
Das OLG Düsseldorf zur Anfechtbarkeit von Sanierungsberater-Honoraren:
Das OLG Düsseldorf beschäftigte sich mit der Frage, ob die Zahlungen eines insolventen Metallhandelsunternehmens an eine Beraterin von dem Insolvenzverwalter nachträglich angefochten werden können. Die Beratung wurde erstmals zur Vorbereitung eines Bankgespräches im Juni in Anspruch genommen, in dem die Tilgung von Krediten besprochen werden sollte. Die Sanierungsberaterin stellte einen Zwischenabschluss auf und wurde anschließend auf Verlangen der Bank als externe Sanierungsberaterin hinzugezogen. Zwischen Juni und November wurde die Beraterin mehrmals für das Unternehmen tätig und für ihre Leistungen bezahlt.
Im anschließenden Insolvenzverfahren forderte der Insolvenzverwalter alle Zahlungen unter Hinweis auf die Anfechtbarkeit gemäß den §§ 129, 130 Abs. 1, 143 InsO zurück. Er begründete sein Vorgehen damit, dass das Unternehmen bereits seit Mai zahlungsunfähig gewesen sei und alle Beteiligten darüber Bescheid gewusst hätten. Die Fortführungsidee habe nur auf der Voraussetzung gefußt, dass der Kupferpreis steige, dies sei jedoch nicht geschehen. Die beklagte Sanierungsberaterin wendete ein, dass die von ihr erstellten Zwischenabschlüsse nicht zwangsläufig den Rückschluss zulassen würden, dass sie Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit gehabt habe. Ihre Aufgabe habe nicht darin bestanden, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu überprüfen. Eine Kenntnis von der Insolvenzreife oder ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz habe nicht bestanden. Zudem betonte die Beraterin, dass auch Unternehmen, die sich in starken finanziellen Schwierigkeiten befinden, die Möglichkeit haben sollten, eine professionelle Krisenberatung in Anspruch zu nehmen. Das Geschäftsmodell des Metallhandelsunternehmens sei komplex und eine Finanzplanung entsprechend arbeitsaufwendig (OLG Düsseldorf 09.07.2020 – I-12 U 55/19).
Wann kann der Insolvenzverwalter Zahlungen über § 130 Abs. 1 InsO anfechten?
- § 130 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) regelt die sogenannte Vorsatzanfechtung.
- Der Insolvenzverwalter kann Rechtshandlung des Schuldners anzufechten, wenn er diese in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem Antrag mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen hat und der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Handlung den Vorsatz des Insolvenzschuldners kannte.
Wann liegt ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vor?
Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz setzt voraus, dass der Insolvenzschuldner es als möglich erkennt und billigt, dass durch seine Handlung, (in der Regel die Zahlung an einen bestimmten Gläubiger) seine übrigen Gläubiger benachteiligt werden.
Laut BGH kann ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz ausgeschlossen werden, wenn der Schuldner Zug-um-Zug für seine Zahlung eine für die Fortführung des Unternehmens unentbehrliche Leistung erhält, die den Gläubigern im Allgemeinen nutzt.
Können Unternehmen einen Sanierungsberater beauftragen, ohne dass im Nachhinein von einem Insolvenzverwalter Gläubigerbenachteiligungsvorsatz angenommen wird?
Im vorliegenden Fall betonte das OLG, dass der vom BGH aufgestellte Grundsatz auch auf Sachverhalte anzuwenden ist, bei denen Sanierungsberater von Unternehmen beauftragt worden sind. Eine professionelle Krisenberatung müsse auch möglich sein, wenn die Gefahr einer Insolvenz bestehe.
Nach der Ansicht des OLGs ist von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz auszugehen, wenn absehbar ist, dass die Sanierungsbemühungen aussichtslos sind, da es dann an einem Nutzen der Gesamtheit der Gläubiger mangelt.
Das OLG Düsseldorf sah es als bewiesen an, dass den Beteiligten schon zum Zeitpunkt des Bankgespräches im Juni klar gewesen sein muss, dass die Lage des Unternehmens „desaströs“ war. Die Hoffnungen auf einen Anstieg des Kupferpreises bezeichnete das Gericht als „spekulativ“. Das operative Geschäft sei zwar lukrativ gewesen, allerdings konnten durch ein Fortführen des Geschäftes die Verluste aus den Vorjahren nicht kompensiert werden. Diese bestehenden Verluste seien auch der Grund für die Insolvenz gewesen. Die Beklagte musste die erhaltenen Honorare zurückerstatten (OLG Düsseldorf 09.07.2020 – I-12 U 55/19).
Es empfiehlt sich daher für den Sanierungsberater sehr genau zu dokumentieren, inwieweit eine Sanierung aussichtsreich ist, um später dies nachweisen zu können.
Christoph Span
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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