Insolvenzrecht: Rückzahlung entnommener Vergütungsvorschüsse

Insolvenzrecht: Rückzahlung entnommener Vergütungsvorschüsse

BGH, Urteil vom 29.06.2023, IX ZR 152/22

 

Der Insolvenzverwalter des Falles hatte mit Zustimmung des Gerichts einen nicht unerheblichen Vorschuss aus der Masse entnommen und wurde vom Gericht ungefähr sechs Monate später aufgrund eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vom Insolvenzgericht entlassen. Er hatte sog. Kick-back-Zahlungen zulasten der Masse vorgenommen und sich von diesen persönlich bereichert. Ein dennoch vom Verwalter gestellter Vergütungsantrag wurde vom Insolvenzgericht rechtskräftig zurückgewiesen, da der Anspruch auf Vergütung verwirkt war (BGH, Beschl. v. 22.11.2018 – IX ZB 14/18).

Es wurde ein neuer Verwalter bestellt, der die Rückzahlung des Vorschusses forderte. Da der ursprüngliche Insolvenzverwalter dies nicht freiwillig zurückzahlte, wurde Klage erhoben.

Die Klage des jetzigen Verwalters wurde vom Landgericht Flensburg zurückgewiesen. Er legte dagegen Berufung beim Oberlandesgericht Schleswig ein, mit dem Ergebnis, dass der ursprüngliche Verwalter auf die Rückzahlung des Vorschusses verurteilt wurde.

Der BGH bestätigte die Berufungsentscheidung mit einer anderen Begründung.

 

Aufgrund der Dauer der Insolvenzverfahren und der Tatsache, dass der Vergütungsanspruch erst mit Abschluss des Verfahrens endgültig bestimmt und fällig wird, tritt der Insolvenzverwalter quasi in Vorleistung.

Dieser Problematik soll § 9 InsVV entgegenwirken und ermöglichen, dass der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gerichts einen oder sukzessive mehrere Vorschüsse entnehmen darf. Der Vorschuss soll die bis dahin erbrachte Tätigkeit des Insolvenzverwalters abgelten, inklusive bis dahin sicher entstandene Zuschläge (BGH, Beschl. v. 01.10.2002 – IX ZB 53/02).

Problematisch ist es, wenn ein höherer Betrag als letztlich festgesetzt wird, bereits zuvor als Vorschuss entnommen wurde, wie zum Beispiel im konkreten Fall aufgrund des Nichtbestehens des Vergütungsanspruchs. Der Vergütungsanspruch ist in Gänze durch die Straftat, die zum Nachteil der Masse begangen wurde, verwirkt. Für den Fall der rechtskräftigen Aufhebung des Vergütungsbeschlusses hat der BGH bereits die Rückzahlungspflicht der entnommenen Beträge aus der ungerechtfertigten Bereicherung nach § 717 Abs. 3 S. 2 ZPO abgeleitet (BGH, Urteil vom 17.11.2005 – IX ZR 179/04).

Für die Rückerstattung überbezahlter Vergütungsvorschüsse greift der BGH in dieser Entscheidung auf § 667 BGB (Herausgabepflicht eines Beauftragten) zurück. Weil das Gericht bei der Zustimmung zur Entnahme eines Vorschusses nicht hinsichtlich der letztlichen Vergütungshöhe gebunden wird, stellt die Zustimmung für den Insolvenzverwalter nicht das Recht dar, die Beträge nach einer endgültigen Festsetzung behalten zu dürfen, wenn sie diesen Wert übersteigen.

Auch klärt der BGH die Frage der Verjährung des Herausgabeanspruchs: Sie beginnt im Allgemeinen mit der Beendigung des Auftrags. In diesem Fall ist der Zeitpunkt der Verjährung die Beendigung der Insolvenzverwaltertätigkeit. Dafür ist der Erlass des Festsetzungsbeschlusses bezüglich der finalen Vergütung zusätzlich erforderlich.

 

Es handelt sich bei der Beantragung und bei der Zustimmung zur Entnahme eines Vergütungsvorschusses in Insolvenzverfahren um alltägliche Vorgänge. Um eine Rückforderung des zu viel entnommenen Vorschusses zu vermeiden, müssen die Gerichte darauf achten, keine höhere als für angemessen erachtete Vergütung festzusetzen.

Christoph Span

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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