Arbeitsrecht: Fristlose Kündigung wegen angedrohter Krankmeldung?

Rechtfertigt die Drohung mit einer Krankmeldung eine außerordentliche Kündigung?

Eine Verkäuferin, die jahrelang in einer Bäckerei beschäftigt war, wollte sich vor dem LAG Mecklenburg-Vorpommern gegen ihre fristlose Kündigung zur Wehr setzen. Die Klägerin hatte vor Kollegen den Wunsch geäußert, über einen Zeitraum von zwei Wochen in der Frühschicht eingeteilt zu werden. Als sie merkte, dass ihr Wunsch nicht berücksichtigt worden war, kontaktierte sie die Filialleiterin und teilte ihr in einer Whatsapp Nachricht mit, dass sie nicht in der Spätschicht arbeiten werde. Stattdessen kündigte die Klägerin an, sich krankmelden zu wollen, wenn die Schichteinteilung nicht zu ihren Gunsten geändert werden sollte. Die Filialleiterin reagierte nicht auf die Drohung, sodass die Klägerin sich für die 1. Woche, in der sie in der Spätschicht arbeiten sollte, krankmeldete. Mit der Krankschreibung wurde der Arbeitgeberin zudem eine Kündigung ausgehändigt. Die Arbeitgeberin kündigte der Mitarbeiterin daraufhin fristlos aufgrund der angedrohten Krankmeldung (LAG Mecklenburg-Vorpommern 04.05.2021 – 5 Sa 319/20).

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern folgte der Rechtsprechung des BAG und betonte, dass die Drohung mit einer Krankmeldung grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt (17.06.2013 – 2 AZR 123/02). Wer mit einer Krankschreibung drohe, obwohl keine Erkrankung vorliegt, begehe eine schwerwiegende arbeitsrechtliche Pflichtverletzung. Die Mitarbeiterin habe durch das Verhalten ihre Leistungstreuepflicht verletzt. Als Folge sei das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit und Loyalität des Arbeitnehmers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt worden. Der Abmahnung bedürfe es in diesem Fall nicht. Allerdings seien die Umstände des Einzelfalls ebenfalls zu berücksichtigen. Im konkreten Fall habe die Klägerin mit der Kündigung Konsequenzen aus ihrem Handeln gezogen. Außerdem müsse man die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von 10 Jahren berücksichtigen. In dieser Zeit sei die Mitarbeiterin nie negativ aufgefallen.

Das Gericht war der Meinung, dass es der Arbeitgeberin zumutbar ist, die Mitarbeiterin für die restliche Zeit bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer anderen Filiale zu beschäftigen. Der Kündigungsschutzklage der Klägerin wurde stattgegeben (LAG Mecklenburg-Vorpommern 04.05.2021 – 5 Sa 319/20).

Stefan Schröter

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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