Medizinrecht: Kein Anspruch auf Schmerzensgeld nach Corona Impfung
LG Rottweil, Urteil vom 06.12.2023, Az. 2 O 325/22
Ein 58-jähriger Mann erlitt einen Augeninfarkt an seinem rechten Auge nach einer Corona Impfung und erblindete daher fast am rechten Auge. Daher klagte er auf Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 150.000€ gegen den Impfstoffhersteller Biontech. Die Klage wurde nun vom zuständigen Landgericht Rottweil abgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass die Voraussetzungen für alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen nicht gegeben seien.
Der Kläger trug vor, dass ein Zusammenhang zwischen seinem nun eingeschränkten Sehvermögen und der Impfung bestünde. Diese Frage lies das LG allerdings unbeantwortet. Grund dafür ist, dass nach dessen Auffassung bereits keine Anspruchsgrundlage einschlägig ist.
Kein Anspruch nach dem Arzneimittelgesetz
Eine Haftung des Impfherstellers kommt gem. § 84 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) nur in zwei Fällen in Frage:
- Das Arzneimittel hat schädliche Wirkungen, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (§ 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG). Dies wird auch negatives Nutzen- Risiko- Verhältnis genannt
- Der Schaden ist infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten (§ 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG)
Das Gericht konnte keine hinreichenden Anhaltspunkte im Vortrag des Mannes dazu feststellen, insbesondere nicht Fehler im Zulassungsverfahren für den Impfstoff.
Hintergrund ist, dass die Europäische Kommission in mehreren Zulassungsverfahren ein positives Kosten- Nutzen- Risiko festgestellt hatte. Das Gericht erwartete deshalb von ihm, Fehler etwa im Zulassungsverfahren oder neue entgegenstehende wissenschaftliche Erkenntnisse vorzutragen, die dazu führen könnten, dass das Kosten-Nutzen-Risiko anders zu bewerten wäre.
Dies war dem Kläger nicht möglich. Vielmehr stützte er seine Argumentation auf nicht verlässliche Quellen, wie etwa nicht verifizierte Verdachtsmeldungen oder aus dem Internet übernommene Einzelmeinungen. Er legte auch nicht hinreichend dar, dass die Zulassungsentscheidung durch politische Einflussnahme beeinflusst wurde.
Ansprüche aus dem Allgemeinen Deliktsrecht?
Auch Ansprüche aus dem Allgemeinen Deliktsrecht kann der Kläger nicht geltend machen. Biontech handelte nach Ansicht des Gerichts nicht pflichtwidrig und das Unternehmen traf kein Verschulden. Somit kommt eine fahrlässige Gesundheitsbeeinträchtigung nach § 823 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Auch § 826 BGB ist nicht einschlägig.
Es handelt sich hierbei um eine praktisch bedeutsame Entscheidung über die Haftung der Impfhersteller und deren strenge Voraussetzungen. Insgesamt lässt sich sagen, dass Fehler im Zulassungsprozess überzeugend bewiesen oder stichhaltige wissenschaftliche Erkenntnisse vorgelegt werden müssen, um einen Anspruch geltend machen zu können.
Stefan Schröter
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Medizinrecht
Lehrbeauftragter der Hochschule Ansbach
Privatdozent (Bankrecht)